Eine Ordnungshüterin von Insekten

Wird Otto Normalverbraucher in irgendeiner Weise mit Wanzen konfrontiert, läuft ihm ein Schauer über den Rücken. Zu Unrecht, würde Frau Dr. Ursula Göllner-Scheiding entgegnen. Die verleumdeten kleinen Insekten bestimmen das Leben der Wissenschaftlerin und Naturforscherin seit Jahrzehnten.

Friedrichshagen hat das Glück, auf diese bedeutsame Frau, die am 14. Juli  90 Jahre alt wird, verweisen zu dürfen.

Dr. Ursula Göllner-Scheiding ist emeritierte Kuratorin für Entomologie am Museum für Naturkunde Berlin. Ihr verdankt die Wissenschaft viele wichtige Beiträge zur Insekten-Taxonomie (Klassifikation).  Ihre detaillierten Beschreibungen der winzigen Sauger und Gliedertiere, von denen es Tausende gibt und die sie katalogisierte, wurden unverzichtbare Grundlage für viele weitere Forschungen.

Vor fünf Jahren verlieh ihr die Deutsche Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie in Innsbruck die Fabricius-Medaille. Damit wurden ihre hervorragenden Leistungen und Verdienste „auf dem Gebiet der allgemeinen Entomologie, insbesondere für ihre grundlegenden Beiträge zur entomologischen Bibliographie und ihre Arbeiten zu den Rhynchota“ gewürdigt.

Die Medaille konnte die 85-Jährige damals nicht entgegennehmen, da sie gerade eine entomologische Sammelreise nach Namibia antrat. Überhaupt scheut sich Dr. Ursula Göllner-Scheiding auch im hohen Alter nicht vor Expeditionen, die sie in den Regenwald bzw. in die freie Wildnis führen. Wer die couragierte  Forscherin heute sieht oder sie erlebt und dazu noch weiß, dass sie täglich in ihrer Arbeitsstelle seit 1964, dem Naturkundemuseum, auch als Pensionärin ein volles Arbeitspensum leistet, bringt ihr alle Achtung entgegen.

In Dankensworten für die Auszeichnung mit der Fabricius-Medaille zitiert Frau Dr. Göllner-Scheiding den Namensgeber: „Gesundheit des Körpers, leichtes Blut und eine nicht geringe Portion des glücklichen Leichtsinnes setzten mich über manche Unannehmlichkeit hinaus und beständige Beschäftigung in einer mir angenehmen nie zu erschöpfenden Wissenschaft, in welcher ich mit wirklichem Erfolg arbeitete, hielt mich in beständiger Tätigkeit und verbreitete Ruhe und Glück“. Gründe für Erfolg, die auch auf die Ausgezeichnete zutreffen könnten. 

Insekten sammeln, ihnen eine Nadel durch den Körper stechen und ihnen einen langen Namen geben, charakterisieren Laien scherzhaft die Entomologie. Frau Dr. Ursula Göllner-Scheiding ist nachsichtig; sie weiß, dass diese spezielle Wissenschaft viel mehr und unerschöpflich ist. 

-hsb- März 2012