28.04.2017


Streitobjekt Naturschutzgebiet Müggelsee...


...und wie das Thema aus unterschiedlicher Perspektive angegangen wird

Bild: Renate Patzwaldt

"Der Müggelsee und das Fredersdorfer Mühlenfließ gehören zum europaweiten Netzwerk "Natura 2000". Durch die Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft hat sich auch Deutschland verpflichtet, Gebiete für "Natura 2000" auszuwählen, der Europäischen Kommission zu melden, rechtlich zu sichern und angemessen zu pflegen. Dadurch soll die heimische Biodiversität bewahrt und eine weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen der Tier- und Pflanzenwelt verhindert werden. Die gemeldeten Gebiete werden EU-weit miteinander vernetzt, um den Artenaustausch zu ermöglichen."

Und weiter hieß es u.a. bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen am 10. August 2016 HIER:

"Die öffentliche Auslegung mit Äußerungsmöglichkeit ist für den 12.8.2016 bis zum 16.9.2016 geplant. Die Unterlagen der Unterschutzstellung des Müggelsees liegen ab dem 12.8.2016 in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Am Köllnischen Park 3 in Berlin-Mitte, öffentlich aus und können dann auch über das Internet unter www.stadtentwicklung.berlin.de/sg-ausweisung/ eingesehen werden."

Die Partei Die Linke veröffentlichte vor kurzem einen Ende März gestellten Antrag in der BVV ans Bezirksamt, im Zuge der Erarbeitung der Steganlagenkonzeption im Falle rechtmäßig errichteter Anlagen grundsätzlich die Verträglichkeit mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie festzuschreiben, so dass bei Verlängerungsanträgen keine Beweislast bei den Anliegerinnen und Anliegern besteht.

Die geplante Unterschutzstellung des Müggelsees hätte zahlreiche Einwendungen und Beschwerden hervorgerufen. Ein Einwand gegen die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie sei, dass künftig Betreiberinnen und Betreiber von Steganlagen bei Verlängerungsanträgen nachweisen müssten, dass keine Schäden am FFH-Gebiet entstünden. Dieser für die Bürgerinnen und Bürger aufwändigen und teuren Beweislastumkehr solle vorgebeugt werden. Bei rechtmäßig errichteten Steganlagen müsste das Amt künftig beweisen, dass jetzt Schäden durch die Anlage entstünden, um die Weitergenehmigung zu versagen, so Die Linke weiter.

Der grüne Staatssekretär für Umwelt- und Klimaschutz Stefan Tidow von der Senatsverwaltung für Umwelt-, Verkehr- und Klimaschutz erklärte, dass er hinsichtlich des Unterschutzstellungsverfahrens des Müggelsees den "Ausgleich der Interessen zwischen Naturschutz, Erholungsfunktion und Sport- und Freizeitaktivitäten begrüßen" würde. Und weiter meint Tidow: „Der Müggelsee hat für ganz Berlin eine wichtige Bedeutung als Natur- und Wasserschutzgebiet, aber auch als Erholungsgebiet und Rückzugsort für die Berlinerinnen und Berliner. Mit der vorliegenden Verordnung haben wir einen guten Weg gefunden, die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer mit den naturschutzfachlichen Aspekten in Einklang zu bringen. Der Müggelsee bleibt dadurch ein attraktives Nacherholungs- und Naturschutzgebiet für uns alle - aber auch für unsere Kinder und Enkel.“

Joachim Nolte, Mitglied des Vorstands des Bezirkssportbundes Treptow-Köpenick (BSBTK) und Mitglied der Wassersportkommission beim  Landessportbund (LSB) Berlin nahm an sämtlichen Veranstaltungen und Gesprächen über die Schutzgebietsverordnung Müggelsee teil und fasst seine Eindrücke aus etwas anderer Perspektive wie folgt zusammen:

"Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat in der Urlaubszeit von Mitte August  bis Mitte September 2016 eine Betroffenenbeteiligung im Amtsblatt ausgeschrieben. Wie wir wissen, sind daraufhin ca. 700 Einwände gegen die Unterschutzstellung des Müggelsees eingegangen. Trotzdem wäre die Sache weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgeschlossen worden, wenn der Bezirkssportbund Treptow-Köpenick, der ca. 70 Wassersportvereine des Bezirks vertritt, nicht starken Widerstand geleistet hätte, besonders über seine Homepage www.bsbtk.de. Daraufhin hat sich die Oberste Naturschutzbehörde für die Senatsverwaltung an die Wassersportkommission des Landessportbundes (LSB) gewandt.

Die Senatsverwaltung erklärte, dass die Schutzgebietsverordnung schnellstens in Kraft gesetzt werden müsse, weil die EU ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hätte und das Land Berlin mit erheblichen Strafzahlungen bei Nichterfüllung zu rechnen hätte. Inzwischen wissen wir, dass vor zwei Jahren bereits 89 derartige Verfahren gegen Deutschland anhängig waren und der Bund noch kein einziges Mal bezahlen musste. Wir vermuten deshalb, dass die Senatsverwaltung den Vorgang rasch erledigen wollte, bevor sich größerer Widerstand in der Öffentlichkeit regen könnte.

Die Senatsverwaltung hat seit Beginn der Gespräche stets erklärt, dass die Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes alternativlos sei. Der LSB und die Wassersportverbände haben darauf ihre Verhandlungsposition aufgebaut. In zahlreichen Gesprächen wurden möglichst günstige Bedingungen für den Wassersport im Landschaftsschutzgebiet (LSG), das den größten Teil des Sees umfasst, für die Schutzgebietsverordnung ausgehandelt. In der Abschlussveranstaltung am 10. Februar 2017 habe ich für den BSBTK die Ablehnung der Schutzgebietsverordnung in der vorliegenden Fassung erklärt und zu Protokoll gegeben. Das Protokoll ist den Teilnehmern der Veranstaltung bis heute (Anm. d. A.: 30.3.) nicht zugegangen."

Hauptgrund für die ablehnende Haltung seitens des BSBTK sei laut Nolte die Ausweisung des größten Teils des Müggelsees als LSG. Entgegen landläufiger Meinung hätte der Naturschutz bereits jetzt oberste Priorität und bestimme, was möglich sei. Jetzt solle das, was sich auf den Gebieten Naherholung und Wassersport in mehr als hundert Jahren entwickelt habe, nur noch als zugelassene Handlung unter bestimmten Bedingungen ermöglicht werden.

Der BSBTK habe "leider sehr spät" erfahren, dass die Senatsverwaltung auf die Ausweisung des LSG verzichten könne, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse dafür gegeben wäre. "Wir sind der Ansicht, dass es ein starkes Interesse in der Öffentlichkeit dafür gibt, Berlins größtes Naherholungsgebiet am Wasser und bedeutendes Wassersportzentrum im Südosten Berlins, unverzichtbar für den Berliner Segelsport, wie bisher ohne Einschränkungen nutzen zu können."

Wer das genauso sieht, kann unter diesem LINK einer Online-Petition seine Stimme geben.

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