11.04.2014


"Vogelvergrämung": Im Interesse der Flugsicherheit Vögel vom südlichen Müggelseeufer verscheuchen?

Senatsantwort vom 1. April - aber kein Scherz

Drucksache 17 / 13 432 - Schriftliche Anfrage - 17. Wahlperiode

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Carsten Schatz (LINKE) vom 18. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. März 2014) und Antwort.

Südliches Müggelseeufer: Vorgesehene Maßnahmen zur Verhinderung von Vogelschlägen in Bezug auf den künftigen Flugverkehr des BER über dem Gebiet

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

Frage 1: Was unternimmt der Senat unter Beachtung geltender Gesetze und Verordnungen, damit die Müggelseeregion als Flora-Fauna Habitat-Gebiet (FFH) ihren Schutzstatus behält, der durch den geplanten Flugbetrieb erheblich gefährdet ist?

Frage 2: Welche Maßnahmen plant der Senat zur Verhinderung von Vogelschlägen, wenn der künftige Flugverkehr des BER auf den bislang vorgesehen Flugrouten verläuft, und wie vertrügen sich diese ggf. mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege des FFH?

a. Ist insbesondere vorgesehen, Röhricht am Ufer zu beseitigen?
b. Ist des Weiteren vorgesehen, die derzeitige Zusammensetzung der Gehölze in vogelunattraktive Gehölze zu verändern?
c. Linienführung als auch der Höhenführung (Uferböschungen) zu verändern?
d. Welche weiteren Maßnahmen zu hier ggf. beabsichtigten Vogelvergrämungen sind vorgesehen?

Antwort zu 1 und 2: Gefährdungen des Flora-Fauna Habitat-Gebietes in der Müggelseeregion sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht absehbar. Ob und inwieweit Gefährdungen durch den künftigen Flugbetrieb eintreten und daher entsprechende Maßnahmen zu veranlassen sind, lässt sich erst nach Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg beurteilen.

Berlin, den 01. April 2014

In Vertretung
Christian Gaebler
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Apr. 2014)

So sieht also eine sog. Schriftliche Frage eines Berliner Abgeordneten – hier Carsten Schatz (Linke) – an den Berliner Senat mit der dazugehörigen Antwort  aus.

Und die „Antwort“ scheint trotz ihres Datums - „1. April 2014“ - ernst gemeint zu sein. Ihr Inhalt? Nichtssagend! Nichtssagend, weil auf keine der gestellten Fragen eingegangen wird. Motto: Wir warten einfach ab, dann sehen wir. Als ob es keine Gutachten, Untersuchungen oder dergleichen bei einem Mammutprojekt wie dem neuen Berliner Flughafen BER gäbe. Doch davon noch später.
Schatz' Fragestellungen sind auch nicht völlig korrekt wiedergegeben. In seiner eingereichten Fassung lautete die Frage 2 c.:
"c. Ist vorgesehen, das topografische Profil des Ufers sowohl hinsichtlich der Linienführung als auch der Höhenführung (Uferböschungen) zu verändern?"

Angestoßen worden war Schatz' Erkundungsinteresse durch eine Senatsveranstaltung im Kino Union Anfang November vergangenen Jahres. Deklariert als „1. Informationsforum Ökologische Gewässerentwicklung im Abschnitt Müggelspree inkl. Müggelsee“ stellten  Senatsvertreter der Abteilung Stadtentwicklung und Umwelt ihre ersten Überlegungen vor für ein Gebiet, welches auch einen hundert Meter breiten beidseitigen Uferabschnitt der fraglichen Gewässer umfasst.  

Ein Repräsentant der Friedrichshagener Bürgerinitiative FBI warf die Frage auf, wie sich das grundsätzlich zu bejahende Vorhaben mit den Auswirkungen der Flugrouten des BER auf Flora und Fauna – wie Vogelvergrämungen, Vegetation und eventuell auch auf das Bodenprofil - vertrage. Den Senatsvertretern war davon nichts bekannt.

Und in der Tat, im Planfeststellungsbeschluss (PFB) selbst heißt es unter Berufung auf vom Flughafenbetreiber vorgelegte Gutachten sinngemäß, die Auswirkungen auf das südliche Müggelseeufer seien vernachlässigbar gering. Es gibt aber noch das Gutachten „M 18“, welches, da im Anhang des PFB befindlich, solchermaßen Teil des PFB ist. Und dort wird – in sehr vorsichtigem Ton, da offenbar der Problematik wohl bewusst – darauf hingewiesen, dass u. a. all die von Schatz aufgeworfenen Fragen einer Prüfung unterzogen werden müssen.

Es ist mehr als ein Ärgernis, dass in ein und demselben Werk, hier dem PFB, konträre Darstellungen zu ein und der selben Thematik dargeboten werden. Dies mag rechtlich vielleicht zulässig sein. Mit Aufhellung eines Sachverhalts hat das wenig zu tun, eher mit seinem Gegenteil, wenn nicht sogar mit einer Täuschung.

Mit ihrer Antwort auf Schatz' Fragen erweckt die Senatsverwaltung den Eindruck, aus welchen Motiven heraus auch immer, an einer Aufhellung der erwartbaren Entwicklungen nicht interessiert zu sein.

Peter Leiß    

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