31.05.2018


Wir haben ihr Lächeln nie vergessen - Teil 2


Eine Friedrichshagenerin und ihre Schüler verloren sich seit fast 50 Jahren nicht aus den Augen

Ingeborg Witt unterrichtete 40 Jahre lang Deutsch und Russisch. Die Bruno-Bürgel-Schule in Schöneiche war zu DDR-Zeiten eine Polytechnische Oberschule mit den Klassen 1-10 und ab 1990 dann eine Grundschule.

Die frühere Lehrerin, die verschiedene Zeitepochen im Lehreramt erlebte, schildert im kleinen Kreis ihre Erfahrungen bis 1998. Ab 1990 übernahm sie den Erdkunde- und Geschichtsunterricht. Russisch gab es nicht mehr als Schulfach. Viele Fachlehrer seien Anfang der 90er Jahre in andere Schulformen abgewandert und der "Dienstältesten" blieb es dann vorbehalten, sich mit den 5. und 6. Klassen pädagogisch zu beschäftigen. Das sei eine sehr dankbare Aufgabe gewesen, schaut die junggebliebene 80-Jährige mit recht gelassenem Unterton zurück. "Durch diese Aufgabe lernte ich auch die Bundesrepublik näher kennen, das war sehr hilfreich damals." Heute bestünden nur sporadisch noch Kontakte ins Bildungssystem und das sei auch ganz gut so.

Nach der Wende, so sieht es die ehemalige Lehrerin rückblickend, sei eines der Hauptprobleme für Lehrer gewesen, dass viele Eltern geglaubt hätten, ihr Kind müsse "natürlich" nun auch auf's Gymnasium. Dazu kam, dass es Bundesländer gab, in denen schon ab der 4. Klasse eine Gymnasialstufe angeboten wurde. Viel zu früh, befindet Inge Witt heute. Sie würde immer noch das ehemalige Schulsystem favorisieren, in dem erst nach 8 Jahren die Leistungsstärksten zur Erweiteren Oberschule (EOS) gehen durften und die Mehrheit weiter als Klassenverband gemeinsam die wichtigen zwei Jahre bis zum Abschluss zurücklegen konnte. Dadurch hätte es weniger Aussortierung gegeben und Schüler verschiedener Leistungsstärken hätten gelernt, miteinander und voneinander zu lernen.

Bei allen der offiziellen sechs Klassentreffen der letzten Jahrzehnte war die beliebte Lehrerin dabei. Zumindest auf einigen Fotos sind die 15 Jahre Unterschied zu den Schülerinnen kaum auszumachen. Der Eindruck verstärkt sich noch, wenn man die Beteiligten zum ersten Mal sieht. Aber nicht nur dann. Man berichtet, dass auf einem der Klassentreffen einer der ehemaligen Lehrerkollegen jede/n persönlich begrüßte und als der Blick auf Ingeborg Witt fiel, fragte: "Und wer bist Du?" Schallendes Gelächter...

Ein besonderer Dank für die Verwaltung des reichhaltigen Pools an Medien gilt Heidrun M., die dafür Sorge trug, dass alles chronologisch zur Verfügung stand, selbst nach fast 50 Jahren. "Sie hat immer schon den Zugang zum Internet mehr als wir gesucht und kennt sich mit Computern einfach besser aus", weiß die ehemalige Lehrerin zu berichten.

20 Jahre ist es nun her, dass Ingeborg Witt in den Ruhestand ging. Ihren 80. Geburtstag feierte sie im vergangenen Dezember in Friedrichshagen in einem Restaurant am See. Natürlich nicht allein.

Im kommenden Jahr begeht man das 50-jährige Abschlussjubiläum. Man hat was vor. Das war auch nicht anders zu erwarten. Die ehemalige Lehrerin ist fest eingeplant.

Die letzte Schulstunde wurde 1998 in einem Video festgehalten.

Das letzte Wort gehört Heidi B.: "Ich bin gerne in die Schule gegangen. Es gab viel zu erzählen und wir haben auch gleich nach der Schule oft noch irgendwo zusammen gesessen oder uns im Wald getroffen oder am Fließ, einem kleinen Flüsschen quer durch Schöneiche. Dort wurde dann auch gemeckert, geschimpft oder auch gelästert. Wenn ich jetzt nach so vielen Jahren zurückblicke, dann waren es einprägsame Erlebnisse und Erfahrungen, die jeder von uns auf eine individuelle Art erlebt hat. Höhlen im Wald bauen, die erste Zigarette, der erste Kuss im Kino oder Fussball auf dem Sportplatz. Freie Nachmittage im Schwimmbad oder bei Regen im Zimmer die neuesten Amiga-Schallplatten hören. Denn die hatte nicht jeder! Gemeinsam Hausaufgaben erledigen oder in der Bibliothek nach Lesestoff suchen oder Material für Belegarbeiten. Wir haben selten in dieser Zeit allein zu Hause rumgehockt oder vor dem Fernseher.Frau Witt war für mich damals eine konseqente aber doch helfende Lehrerin. Sie achtete bei jedem Einzelnen auf seine Stärken und seine anderen Besonderheiten. Und genau diese unterstützte sie mündlich, schriftlich und mit Nachdruck, verbunden mit diesem mutmachenden Lächeln. Wenn heute Vieles als sehr individuell und einzigartig propagiert wird, dann wundert man sich. Warum geht der Respekt und die Achtung vor dem Anderen immer mehr verloren? Darauf finde ich leider keine zufriedenstellende Antwort," konstatiert sie mit Bedauern und frei von jeglicher Häme.

 

Wir bedanken uns sehr herzlich für die freundliche und sehr konstruktive Zusammenarbeit bei allen Beteiligten und wünschen weiterhin schöne gemeinsame Treffen in den kommenden Jahren.

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