15.10.2018


Atelierbesuche - Matthias Eule


Mit dem Herzen sehen

Herzen aus Larimar und Türkis

Kleiner Ausschnitt

Mehr zum Experiment Leerstandlabor finden u.a. Sie auf der Webseite des Künstlers

Diesen Stuhl, der 1 Tonne wog, gibt es leider nur noch auf Bildern

Architektur der Bölschestraße in Schwarz-Weiß

Es gibt individuelle Geschäfte und kunstvolle Kleinode in Friedrichshagen. Über manche Eingangsschilder oder Schaufenster streift der Blick viele Male, ohne dass man die Pforte jemals durchschritten hätte. Und doch ist es beruhigend zu wissen, dass sie weiterhin da sind. Es gibt nicht nur der Bölschestraße das oft beschworene Flair, sondern auch dem Einheimischen das Gefühl von Heimkehr.

An einem Vormittag dieses langen und nicht enden wollenden Hitze-Sommers durften wir Matthias Eule und seine Kunst im Rahmen unserer Reihe "Atelierbesuche" näher kennenlernen. Von außen bereits erkennbar durch den charakteristisch gezeichneten Waldvogel, der einem den Weg weist und gleichzeitig ein Herz und zwei wache Augen für die Passanten übrig zu haben scheint.

Das Atelier selbst umarmt einen mit Blickfängen. Es zieht einen förmlich hinein. Die Vielzahl der kleinen und großen Kunstwerke zu beschreiben, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Die Bilder geben hoffentlich halbwegs Aufschluss, was gemeint sein könnte.

Im Hereinkommen fällt der Blick beispielsweise auf Holzobjekte der besonderen Art. Diese seien aus Eibe, betont Matthias Eule: "Ich arbeite mit Eibe. Daraus sind ja meine Schmuckstücke zum Teil. Dieser Fluss des Materials ist genial. Die Eibe ist der einzige Baum, der sich selbst von innen erneuert. der Stamm spaltet sich irgendwann, höhlt sich von innen selber aus und innen drin wächst die neue Eibe, verdrängt das alte Holz und nach hunderten von Jahren fällt die dann um."

Viel Zeit floss in den letzten zwei Jahren in Labyrinthe: "Mein erstes Labyrinth entstand in Goldbronze im Jahr 2011. Die Labyrinthe bestehen aus einer einzigen Linie. Ich male dabei mit dem dünnsten Pinsel, den es überhaupt gibt. Das ist ein millimeterdünner Pinsel in Verbindung mit einer sehr guten besonderen Goldfarbe. 800-900 Stunden kommen da dann schon mal zusammen, die ich an einem Bild arbeite. Oder anders gesagt so 3-5 Wochen. Der Weg durch das Labyrinth wird dabei wohlgemerkt durch die goldene Linie dargestellt, nicht durch die Zwischenräume."

Auf den ersten Blick erschienen manchen Betrachtern Labyrinthe wie Irrgärten. Irrgärten machten mitunter Menschen Angst und mit dieser Einstellung kämen dann manchmal auch Kaufinteressierte ins Atelier.

Dazu müsse man wissen, dass Labyrinthe, nach dem Vorbild des französischen Chartres, stets einen Ein- und Ausgang hätten. Labyrinthe wären niemals Sackgassen. Die sogenannten Irrgärten seien erst um 1600 von weltlichen Herrschern zur größtenteils eigenen Belustigung angelegt worden. Der höhere Sinn der Labyrinthe hingegen sei, dass man sich besinne, mit einem möglichen belastenden Problem bis zur Mitte wandere, dort das Problem loslasse und den Rückweg dann befreit antreten und über Lösungen nachdenken könne.

"Labyrinthe haben eine besondere Bedeutung. Meine zeichnen sich durch die Doppel-Helix aus. Das heißt, Sie kommen nicht auf derselben Linie zurück, auf der Sie hineingegangen sind. Der Weg zurück mag dem hinein ähneln an manchen Stellen, führt aber im wirklichen Sinne auf neue Pfade."

Neue Pfade beinhalten oft eine Lösung, wenn man sich traut.

Nach dem Studium an der Kunsthochschule Kassel von 1987-1992 befasste sich Matthias Eule mit Malerei, Zeichnungen, Druckgraphiken und vielem mehr sowie seiner Lehrtätigkeit. 2005 erhielt er den Kunstpreis der Stadt Eschwege für das Projekt "Experiment Leerstandlabor" sowie 2003 das "Diploma for Creative Mastery of Archetypical Sign Systems" auf der III. "International Biennial of Contemporary Graphics" in Novosibirsk. Seit 2011 lebt er in Berlin. Nach Friedrichshagen zog es den 1961 in Kassel geborenen Hessen aufgrund der familiären und kleinstädtischen Atmosphäre. Ein Ortsteil, in dem man sich noch kenne und der ein seltenes Kleinod in einer ansonsten eher gegenteilig daherkommenden Stadt Berlin darstelle.

Die besondere Form und Herangehensweise des Künstlers an seine Themen vereint alttestamentarische Aufzeichnungen (z.B. in einer Übersetzung der Schöpfungsgeschichte mittels eigener archaischer Schriftzeichen durch den Künstler) mit dem Weltkulturerbe verschiedener Kontinente und Epochen in einer eigenen künstlerischen Umsetzung in die heutige Zeit.

Direkt durchgängige Öffnungszeiten bietet Matthias Eule derzeit nicht (mehr) an. Wenn Sie als Kunde etwas erwerben möchten oder Interesse an der Kunst haben, dann bietet sich auf jeden Fall die Kontaktaufnahme per Telefon, E-Mail oder über die Facebookseite an.

"Alle Arbeiten, die ich schaffe, schaffe ich aus dem Herzen heraus, nicht aus dem Verstand. Verstand bedeutete in diesem Fall, dass ein Kalkül darauf liegen könnte, was sich verkaufen wird und was nicht. Ich schaffe aus dem  Gefühl, aus der Intuition. Oder wie es auf meiner Internetseite steht: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Eule!



 

Das Gespräch führten Renate Patzwaldt und Stefan Mensah

Bilder: Renate Patzwaldt

Mehr Eindrücke vom Atelierbesuch finden Sie HIER

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