Zeit-Fenster Nummer 18: Naturheilverein Friedrichshagen (E.V.)


Die Anfänge der Naturheilbewegungen auf dem Gebiet des heutigen Deutschland reichen bis in die 1830er Jahre zurück. Aufgerufen wurde schon damals zu einer naturgemäßen Lebens- und Heilweise oder einer Umkehr zu einem einfachen und natürlichen Lebensstil.
Zahlreiche Vereine entstanden, die sich mit der Pflege der Gesundheit, Ernährung und einer gesunden Lebensführung beschäftigten und diese Ideen in der Bevölkerung zu verbreiten suchten.

Auch in Friedrichshagen gründete sich bereits im Jahre 1896 ein solcher Verein, der "Naturheilverein Friedrichshagen (E.V.) ".
Er hatte regen Zuspruch, seine Mitgliederzahl stieg schnell auf über 100 Teilnehmer an.
Als Initiatoren taten sich dabei besonders Hermann Teistler, der spätere Schriftleiter der "Niederbarnimer Zeitung", der Lehrer Gustav Schönberg und der Arzt für naturgemäße Lebensweise, Dr. Victor Knips-Hasse hervor.
Als vorrangiges Ziel bestand für sie die Organisation von aufklärenden Vorträgen. Die Themen reichten von der Behandlung kalter Füße über die Wirkung von Genussmitteln und falscher Ernährung bis hin zur Selbsthilfe bei Rückgratverkrümmung und Bleichsucht.


Vor allem bei Themen, die wegen moralischer Bedenken mit Tabus belegt waren, herrschte in der Bevölkerung ein großer Informationsbedarf. Dies galt besonders für Probleme wie Verhütung, Schwangerschaft, Impotenz, Selbstbefriedigung, Prostitution und Geschlechtskrankheiten.

Da zunehmend auch die gesundheitsförderliche Wirkung von Licht- und Luftbädern propagiert wurde, entstand bei den Vereinsmitgliedern verstärkt der Wunsch nach Errichtung eines Luft- und Sonnenbades in Friedrichshagen.

1906 erklärte sich der Forstfiskus endlich bereit, dem Verein ein für seine Ziele geeignetes Forstgelände zu günstigen Bedingungen zu verpachten. Das Quartier lag hinter dem Kurpark, auf dem  Gelände des heutigen Erpetales.
Der bekannte Friedrichshagener Architekt Max Zademack fertigte die erforderlichen Bauzeichnungen an. Die notwendigen finanziellen Mittel wurden durch den Verkauf von Anteilscheinen á 5 Mark, Spenden sowie finanzieller Unterstützung seitens der Gemeinde aufgebracht.
Noch im Oktober 1906 war die Einzäunung des Geländes abgeschlossen. Die ersten Umkleideräume, Brausebäder und eine Kegelbahn waren fertiggestellt. Zahlreiche Turngeräte konnten angeschafft werden.


Am Sonntag, dem 31. Mai 1907, früh 8 Uhr wurde das "Luft-, Licht- und Sonnenbad" eröffnet.
Vom ersten Tage an erfreute sich die Einrichtung eines regen Zuspruches von Besuchern aus Friedrichshagen und Umgebung aber auch von Besuchern aus Berlin, die extra angereist waren. Der Ruf, das "grösste und schönste Luft- und Sonnenbad im Osten Berlins" zu sein, war sogar bis in die Hauptstadt gedrungen!

Die Erholungsanlage bestand bis nach dem zweiten Weltkrieg, fand aber in der Zeit des Nationalsozialismus keinerlei Förderung mehr, da in dieser Zeit die Praxis des Nacktbadens und Nacktsonnens verpönt war.
In den Nachkriegsjahren wurden die hölzernen Anlagen abgerissen, gestohlen oder zu Heizzwecken benutzt.


Nach einem Text von Rolf Kießhauer, Abbildungen: Archiv Brandel