Zeit-Fenster Nummer 7: Der Spreetunnel

Wie man trockenen Fußes die Spree unterqueren kann:

  

Friedrichshagen war um 1900 ein bekannter und beliebter Kurort.

Jeden Tag, besonders aber an den Wochenenden, strömten Tausende Besucher aus der Stadtmitte Berlins hinaus ins Grüne, an den Stadtrand – nach Friedrichshagen.
Doch oft kam es am Ufer der Spree zu langen Wartezeiten bei der Fährübersetzung in Richtung Müggelschlößchen oder Müggelturm.


Hier ein Bericht von Eckhard Thiemann:
 

Nachdem die seit 1895 in der Verlängerung der Pfeiffergasse in Friedrichshagen über die Spree pendelnde Prahmfähre (an zwei Ketten und von einer Dampfmaschine angetrieben) den Verkehr in Spitzenzeiten (Tagesspitzen um 40.000 Ausflügler, die Fähre fasste max. 265 Personen) nicht mehr bewältigte, forderte man dringend den Bau einer Brücke oder eines Tunnels.

Die Diskussion über die beste Variante zog sich mehrere Jahre hin.

Die Entscheidung fiel erst nach der Bildung von Groß-Berlin (1920 d.R).

Die anfänglich geplante Fußgängerbrücke mit 14 m Durchfahrtshöhe über der Müggelspree lehnte die Schifffahrtsbehörde ab.

Schließlich fand am 18. Juni 1925 die Tunnelvariante die Zustimmung der Stadtverordneten-Versammlung.

Der Entwurf des Brückenbauamtes für diesen Tunnel sah ein 120 m langes Bauwerk mit einer Tiefenlage von 11 m unter dem Wasserspiegel vor.

Die Nutzbreite wurde mit 5,0 m und die lichte Höhe mit 2,5 m festgelegt.

Die Lage des Tunnels bestimmten die günstigsten Baugrundverhältnisse.

Um die Bauausführung bewarben sich 14 Firmen, von denen die Firma Grün & Bilfinger den Zuschlag erhielt.

Große Beachtung in der Fachwelt fand die Gründungsart, die beim Bau eines Unterwassertunnels in Deutschland erstmals zur Anwendung kam.

Zur Aufrechterhaltung des Schiffsverkehrs erfolgte die Herstellung der Tunnelröhre in zwei Teilen als Senkkästen aus Stahlbeton.

Diese errichtete man auf bis über den Wasserspiegel reichenden Inselschüttungen und senkte sie mittels der Luftdrucktechnik bis zur geplanten Gründungssohle in jeweils 34 Tagen ab.

Die „Niederbarnimer Zeitung“ vom 19. Mai 1927 berichtet über die Bauarbeiten:

„Bemerkenswert ist, dass die Bauarbeiten ohne jeden ernsten Unfall verlaufen sind.

Die Anlage selbst, wie dieser ungestörte und ordnungsgemäße Verlauf, stellen der Baukunst der Aktiengesellschaft Grün & Bilfinger und des städtischen Brückenbauamtes, das die Arbeiten zu leiten hat, ein glänzendes Zeugnis aus."

Nach Abschluß der Ausbauarbeiten fand die Übergabe des Tunnels am 25. Mai 1927 statt.

Die Baukosten beliefen sich auf 1 Million Reichsmark.

 

Heute sind die Spuren einer Kriegsbeschädigung am südlichen Tunnelausgang durch die vereinfachte Überdachung erkennbar.

Abgesehen von geringen Undichtigkeiten diente der Tunnel ohne Einschränkungen dem regen Ausflugsverkehr und begeht im Mai 2007 sein
80jähriges Bestehen.

 

 

 

 

 

Der Autor beschäftigt sich seit langem mit der Geschichte Berliner Brücken und Tunnel. Unlängst publizierte er in einem Berliner Verlag das Buch „Berlin und seine Brücken“.

 

(Fotos: Archiv Eckhard Thiemann,
Postkarten: Archiv Katrin Brandel)





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