Zeit-Fenster Nummer 13 - April, April! - Scherze in Friedrichshagen



April, April, April!  - Alle Jahre wieder das Ärgernis, wenn man am 1. April doch auf  Falschmeldungen oder Flunkergeschichten hereingefallen ist und man sich das belustigte oder gar hämische Gelächter des In-den-April-Schickers anhören muß.

Den Brauch, jemanden in den „April zu schicken“ gibt es in Deutschland bereits seit dem 17. Jahrhundert. Nicht nur Mitmenschen veralbern sich an diesem Tag, auch Zeitungsredaktionen versuchten und versuchen ihre Leserschaft mit raffinierten „Enten“ zu belustigen.

Eine wahre Meisterschaft entwickelten besonders die Redakteure der "Niederbarnimer Zeitung", der Ortszeitung für Friedrichshagen und Umgebung in den Jahren 1900-1914 darin.

 

So war zum Beispiel am 1. April 1910 unter der Schlagzeile zu lesen:


"Friedrichshagen – ein Pfahldorf aus der Urzeit!"

 

Berichtet wurden über prähistorische Ausgrabungen und ihre Ergebnisse, die angeblich zu dieser Zeit am sogenannten Kaisersteg stattfanden. Geschickt hatte man dabei ausgenutzt, dass dort gerade Bollwerkserneuerungen durchgeführt wurden, die das dortige Gelände in eine große Baustelle verwandelten.

Im Zeitungsartikel wurde von Grabungsfunden berichtet, die bewiesen, dass Friedrichshagen schon seit Urzeiten besiedelt war und die damit auf  König Friedrich II. zurückzuführende Gründung des Ortes 1753 korrigiert werden müsse. Es wurde zu einer Ausstellung der Fundstücke und zu einem Vortrag des Naturwissenschftlers Wilhelm Bölsche am gleichen Tag in Schröders Gesellschaftshaus geladen.

Und die Friedrichshagener kamen in großer Anzahl, um dann dort beschämt zur Kenntnis zu nehmen, dass sie einem Scherz aufgesessen waren.

Kaiserstraße (heutige Bruno-Wille-Straße)


Am 1. April 1912 konnten die Leser folgende Meldung zur Kentniss nehmen:

 

Besichtigung der Mondfinsternis!

 

Am Morgen des ersten Apriltages hatte die Zeitung mit großen Schlagzeilen gemeldet, dass anlässlich der heutigen Mondfinsternis mit Hilfe eines neuerfundenen Teleskops von Zeiss-Jena nicht nur der Mond in ungeheurer Vergrößerung, sondern auch seine Rückseite zu besichtigen sei. Ein neuerfundenes System von Prismen und Spiegeln ermögliche dies erstmals. Das Teleskop sollte um 19.00 Uhr an der Ecke Rahnsdorfer Straße  / Kaiserstraße aufgestellt werden und jeweils von jedem Wartenden 2 Minuten benutzbar sein. Da mit großem Andrang zu rechnen sei, wurde rechtzeitiges Erscheinen empfohlen.

Und es herrschte großer Andrang! Pünktlich zur angegebenen Zeit wurde ein großes Papprohr enthüllt, auf dem die Worte: „April, April, April!“ zu lesen waren.

Pfeiffergasse, um 1910



Ein Jahr später, am 1. April 1913 meldete die Redaktion folgende Nachricht:

 

Untertunnelung der Spree bei Friedrichshagen!

 

Die zu der damaligen Zeit unzumutbaren Zustände an der Kettenfähre am Müggelgemünd, bei denen sich mitunter Tausende Personen täglich zur Überfahrt zu den Gaststätten „Müggelschlößchen“ oder „Rübezahl“ drängelten, sollten nun beendet werden.

Für den Abend des 1.4. wurde der erste Spatenstich für eine Untertunnelung der Spree angekündigt.

Die Friedrichshagener Einwohner waren aufgerufen, mit ihren Gerätschaften wie Schaufeln, Spaten und Eimern dabei mitzuhelfen. Treffpunkt war der Spreezugang am Spritzenweg (heute Pfeiffergasse).

Und auch diesmal kamen die Friedrichshagener in Scharen – und wurden vor Ort über den Aprilscherz aufgeklärt.

 

Das 14 Jahre später mit der Einweihung des echten Spreetunnels am 25.5. 1927 diese Utopie Wirklichkeit wurde, hätte sich im April des Jahres 1913 wohl keiner träumen lassen.

K.B. nach Recherchen von R. Kießhauer